O'Libre

Yacht gesucht

Über 20  Jahre habe ich den Segelsport in einem Segelverein ausgeübt. Im Rahmen des Vereinslebens habe ich viele Fahrgebiete kennen gelernt: Binnengewässer, Mittelmeer, Ostsee, und Nordsee.
Ein wichtiger Teil der Vereinsarbeit war auch die Pflege, Wartung und Instandsetzung von Booten. Im Rahmen dieser Vereinsarbeiten konnte ich mir viel Wissen aneignen.

Mitte 2022 fing ich dann an, mir eine Yacht in den Bootsbörsen zu suchen, denn leider verändern sich im Laufe der Zeit viele Dinge auch negativ. So auch das Vereinsleben. Das führte dazu, dass ich meinen Posten im Vorstand aufgab, mich zurückzog und 2 Jahre später meine Mitgliedschaft kündigte.

Aber ich merkte auch, dass in meinem Leben ein wesentlicher Teil fehlte: Der Segelsport und das Arbeiten an einem Boot! Deshalb dachte ich darüber nach, ob es machbar ist, mir ein eigenes Boot zuzulegen. Keine leichte Entscheidung, denn ein eigenes Boot ist mit einigen Kosten verbunden.

Also machte ich mich an die Planung. Die bestand zuerst einmal daraus, den finanziellen Rahmen abzustecken. Wie hoch sind die fixen Kosten für eine Yacht wie z.B. Liegeplatzgebühren, Winterlager, Versicherung, int. Bootsschein und notwendige Materialien für z.B. Winterarbeiten? Sehr hilfreich waren für mich die Informationen von Freunden, die eigene Boote in meinem Wunschrevier haben. Allein die Liegeplatzgbühren fallen je nach Hafen sehr unterschiedlich hoch aus. Ähnliches ist bei den Versicherungsanbietern der Fall. Letztendlich konnte ich eine Tabelle mit den groben Schätzungen erstellen. Die positive Feststellung: Ein Boot passt ins Budget – bei Berücksichtigung der Rahmenbedingungen.

Dann legte ich die Rahmenbedingungen fest, mit denen ich die Bootsbörsen durchsuchte:

  • Preisobergrenze:
    20.000 €
  • Länge:
    zwischen 28 und 32 Fuß
  • Antrieb:
    Einbau-Diesel
  • Austattung:
    Gasherd mit Backofen
    Kühlbox
    2 Kabinen
    abgetrenntes WC
    Stehhöhe
  • Liegeplatz
    möglichst in den Niederlanden

Ein wesentlicher Aspekt war das Angebot an viel Stauraum. Im Prinzip sollte es ja die “2. Heimat” werden.

Bei der regelmäßige Sichtung der einschlägigen Bootsbörsen (hauptsächlich der niederländischen) kam die Ernüchterung. Viele Boote waren sehr alt (70er Baujahr) oder in einem schlechten  Zustand. Akzeptable Boote hinsichtlich Alter und Zustand boten nicht nicht den gewünschten Stauraum.

Aber Anfang Oktober 2022 fand ich dann eine Bavaria 30 (Baujahr 1987) am Ijsselmeer. Diesen Bootstyp kannte ich von Freunden, die ihr Boot in Herkingen am Grevelingen Meer liegen haben. Auf den Bildern machte das Boot einen guten Eindruck und preislich passte es auch in mein Budget. 20.000 € sollte die Yacht kosten. Also schnell einen Besichtigungstermin ausgemacht und mit meinem Freund Helmut (Nichtsegler) hingefahren. Vor Ort kam die Ernüchterung: Was auf den Bildern toll aussah, entpuppte sich als “Groschengrab”.
Es entsprach nicht den Bildern im Netz. Das Boot war “schönfotografiert”. Es  waren so viele Mängel und nicht kalkulierbare Risiken, dass ich nach ersten Schätzungen zwischen 25.000 € und 40.000 € hätte zusätzlich investieren müssen: Zerschlissenes Vorsegel, instandsetzungsbedürftiges Teakdeck (Fugen offen), kein Getriebeöl im Saildrive, zu viel Öl im Motor, zerschlissene Polster in Salon und Kabinen, falsch behandelte Holzteile auf und unter Deck, Schäden am Gelcoat, Wasserschäden unter Deck, eine große schmierige (ölige) Wasserpfütze in der Bilge hinter dem Saidrive u.s.w..  Selbst bei meinem Freund als Nichtsegler sträubten sich die Nackenhaare. Fazit: 700 km umsonst gefahren, aber um einige Erfahrungen reicher!

Zwei Tage nach der Besichtigung der Bavaria fand ich eine Anzeige über eine Friendship 28 MK III, Liegeplatz Strijensas im Hollands Diep bei Dordrecht. Die Bilder sahen toll aus, allerdings war ich nach dem Abenteuer Bavaria eher skeptisch. Es schien trotzdem in mehrfacher Hinsicht ein Glücksfall zu sein, sollten die Bilder den Tatsachen entsprechen.
Der Preis lag unter 20.000 €, die Größe und das Platzangebot unter Deck passte und es lag nicht weit von Herkingen, was mein Heimathafen werden soll.
Ich machte wieder kurzfristig einen Termin mit dem Händler aus und fuhr nach Strijensas. Dort stieß mein Segelkamerad Meinolf dazu, der gerade auf seinen eigenen Boot in der Nähe (Bruinisse) war. Wir wurden von einem sehr freundlichen Händler begrüßt, der uns ein paar Dinge zum Boot erzählte. Es stellte sich heraus, dass der letzte Besitzer erst seit 2 Jahren Eigentümer war und das Boot aus Zeitmangel abgeben wollte. Es lag mittlerweile seit einen Jahr unbenutzt in Herkingen, was sich später herausstellen sollte. Wir fingen dann auch mit der Besichtigung der Friendship an.
An dieser Stelle kürze ich ab: Wir nahmen das Boot gründlich unter die Lupe. Für ein Boot Baujahr 1991 war es top in Ordnung. Natürlich stellten wir Gebrauchsspuren fest, die sich aber trotz des Alters im Rahmen hielten. Aber insgesamt befand sich das Boot in einen guten und segelfertigen Zustand. Insgesamt 3 Vorsegel (davon 2 neu), neue Polster in Bug- und Heckkabine, 3-Flammenherd mit Backofen, gepflegter Volvo-Penta 18 PS Diesel und viel Stauraum. Insgesamt ein sehr gut gepflegtes Boot. Nach 2 Stunden Besichtigung waren wir durch alle Ritzen!
Das war genau das Boot, was meinen Vorstellungen entsprach. Ich bat mir aber trotzdem noch eine Bedenkzeit aus. Die war allerdings recht kurz: am nächsten Tag sagte ich zu und unterschrieb dann im Oktober den Vertrag.